Wirtschaftsmediation ist ein Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten in der Wirtschaft zwischen zwei oder mehreren Parteien. Der/die MediatorIn leitet das Verfahren und unterstützt die Parteien dabei, eine einvernehmliche Lösung für ihren Streit zu finden.
In einer Mediation sind – und bleiben – die Parteien für die Lösung ihres Konflikts zuständig. Der/die MediatorIn hat keine Entscheidungsbefugnis, sondern fördert die konstruktive Kommunikation zwischen den Parteien und hilft ihnen, Missverständnisse auszuräumen, Vertrauen aufzubauen und Optionen für die Beilegung ihres Streits zu entwickeln.
Es gibt verschiedene Ausprägungen der Wirtschaftsmediation:
Die Schweiz ist international für ihre Diplomatie und die Anwendung friedlicher Streitbeilegungsmethoden angesehen. In der Schweiz gibt es eine starke Tradition der einvernehmlichen Streitbeilegung – nicht immer eine leichte Aufgabe in einem föderalen System mit vier Amtssprachen. Die 1997 gegründete Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation (SKWM) baut auf dieser Tradition auf und setzt sich für die Verbreitung der Mediation als wirksame Methode zur Beilegung von Wirtschaftsstreitigkeiten ein.
Im Jahr 2007 verabschiedeten die sieben Schweizer Handelskammern die erste Schweizerische Mediationsordnung für Wirtschaftskonflikte. Die nun überarbeitete und aktualisierte Schweizerische Mediationsordnung des Swiss Arbitration Centre bietet einen formalen Rahmen und eine institutionelle Unterstützung für Parteien und Mediatoren bei der Einleitung und Durchführung fairer und effektiver Wirtschaftsmediationen.
Die Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation setzt sich weiterhin – auch in Zusammenarbeit mit dem Swiss Arbitration Centre – für die Förderung der Wirtschaftsmediation in der Schweiz ein und unterstützt die Parteien bei der Suche nach MediatorInnen für ihre Wirtschaftsstreitigkeiten. Die von der Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation akkreditierten MediatorInnen widerspiegeln das mehrsprachige und multikulturelle Umfeld der Schweiz sowie ihre Position als führender Wirtschaftsstandort.
Für alle Beteiligten vorteilhafte Lösung
Die Parteien sind in der Lage, kreative und verbindliche Lösungen zu entwickeln, die den Interessen aller Beteiligten dienen. Im Idealfall sind die Parteien in der Lage, ein Ergebnis zu erzielen, von dem alle Seiten profitieren, während in einem Schieds- bzw. Gerichtsverfahren oft nur eine Partei obsiegt. In Mediationen werden Lösungen entwickelt, die sich auf die Zukunft und nicht auf die Vergangenheit konzentrieren.
Die Parteien behalten die Kontrolle
Die Kompetenz, den Konflikt zu lösen, wird nicht an ein fremdes Richtergremium ausgelagert. Die Mediation ermöglicht es den Parteien, selbstbestimmt eine Lösung zu finden.
Vertraulichkeit
Mediationen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, wodurch die Verhandlungen privat und vertraulich bleiben. Die Parteien und der/die MediatorIn vereinbaren vor Beginn der Mediation, dass die in der Mediation offengelegten Informationen in einem nachfolgenden Schieds- oder Gerichtsverfahren nicht verwendet werden dürfen, falls die Mediation nicht zu einer vollständigen Beilegung der Streitigkeit führt.
Geringe Kosten und schnelles Verfahren
Die Mediation ist weniger kostspielig, schneller und effizienter als ein Schiedsgerichts- oder Gerichtsverfahren. In der Regel reichen wenige Mediationssitzungen aus, um den Streit beizulegen bzw. festzustellen, dass er in der Mediation nicht beigelegt werden kann. Die Mediation dient also nicht dazu, ein Streitbeilegungsverfahren zu verschleppen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mediation den Streit beilegt, liegt erfahrungsgemäss bei rund 70%. Das gesamte Verfahren, vom Vorschlag für eine Mediation über die Suche nach einem/einer MediatorIn bis hin zur Durchführung und Beendigung der Mediation, dauert in der Regel nicht mehr als ein paar Wochen oder Monate.
Aufrechterhaltung von Geschäftsbeziehungen
Bei Streitigkeiten, die während einer laufenden Geschäftsbeziehung oder in Bezug auf einen langfristigen Vertrag entstehen, bietet die Mediation den Parteien die Möglichkeit, ihre Unzufriedenheit oder veränderte Umstände offen anzusprechen und die zugrunde liegenden Interessen zu erörtern. Das hilft, Lösungen zu finden, welche die Geschäftsbeziehung wiederherstellen, erhalten oder sogar verbessern.
Ein wesentlicher Vorteil der Mediation ist ihre Flexibilität. Die Parteien und der/die MediatorIn können frei entscheiden, wie sie die Mediation gestalten wollen. Eine typische Wirtschaftsmediation durchläuft in der Regel folgende Phasen:
Die Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation fördert die Wirtschaftsmediation aktiv. Wir akkreditieren WirtschaftsmediatorInnen, die gewisse Grundvoraussetzungen mit Bezug auf Mediationsaus- und -weiterbildung bzw. Praxis erfüllen. Wir bieten eine Suchfunktion auf unserer Website an, mit der Sie die Profile der SKWM-MediatorInnen mit unterschiedlichsten Hintergründen und Erfahrungen finden. Ein(e) SKWM-MediatorIn kann Sie und Ihr Unternehmen dabei unterstützen, Ihre Streitigkeiten schnell und kosteneffizient zu lösen.
MediatorIn findenDie Mediation ist weniger formell als ein Schieds- oder Gerichtsverfahren. Dennoch kann es für die Parteien hilfreich sein, vertraglich zu vereinbaren, dass für die Mediation ein bestimmtes Regelwerk gilt. Solche Regeln helfen bei der effizienten Durchführung der Mediation, indem sie die Grundlagen für den Beginn, die Durchführung und die Beendigung der Mediation sowie die damit verbundenen Verpflichtungen, wie z. B. die Vertraulichkeit der Mediation, festlegen.
Regeln von spezifischen Institutionen (z.B. Swiss Arbitration Centre oder Internationale Handelskammer oder Weltorganisation für geistiges Eigentum) enthalten Ernennungsmechanismen für den Fall, dass die Parteien sich im Konfliktfall nicht auf einen Mediator einigen können, was sehr oft vorkommt. Sie erleichtern auch generell die Kommunikation mit dem/der MediatorIn und logistische Details wie die Zahlung von Kautionen bzw. des Honorars des/der Mediators/Mediatorin. Wir empfehlen die Schweizerische Mediationsordnung des Swiss Arbitration Centre. Es gibt jedoch auch andere bewährte Regeln, die verwendet werden können, darunter die Mediationsregeln der Internationalen Handelskammer (ICC) und der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) sowie viele andere.
Wenn die Parteien ein Regelwerk bevorzugen, das nicht von einer Institution verwaltet wird, können sie die Anwendung der UNCITRAL-Mediationsregeln vereinbaren.
Den Parteien wird empfohlen, eine Mediationsklausel in ihren Vertrag aufzunehmen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Parteien im Konfliktfall zumindest die Möglichkeit einer Mediation prüfen, ehe sie ein teures und langwieriges Schieds- oder Gerichtsverfahren einleiten.
Wir empfehlen, Musterklauseln von Institutionen zu verwenden (z.B. Swiss Arbitration Centre, Internationale Handelskammer, Weltorganisation für geistiges Eigentum) oder diejenigen, die im Anhang zu den UNCITRAL-Mediationsregeln enthalten sind. Diese Musterklauseln sind gut formuliert.
Die Mediation kann in jedem Stadium einer Streitigkeit eingesetzt werden: während eines internen Eskalationsprozesses, vor der Einleitung eines Schieds- oder Gerichtsverfahrens, während eines Schieds- oder Gerichtsverfahrens im Sinne eines „Mediationsfensters“ oder parallel zu einem laufenden Schieds- oder Gerichtsverfahren. Manchmal kann eine Streitigkeit, die in einer früheren Mediation noch nicht vollständig gelöst werden konnte, in einer zweiten, späteren Mediation beigelegt werden, z.B. nachdem die Parteien in einem Schieds- oder Gerichtsverfahren ihre Schriftsätze und Beweise eingereicht haben und ein besseres Verständnis für die Stärke ihrer Positionen sowie für die Zeit- und die Kostenintensität eines Schieds- bzw. Gerichtsverfahrens gewonnen haben.
Die Parteien können selbst entscheiden, wo sie die Mediation durchführen möchten. Es ist empfehlenswert, einen neutralen Ort zu wählen, damit nicht der Anschein von Unausgewogenheit entsteht. Idealerweise sollten bei Zweiparteien-Mediationen mindestens drei Räume zur Verfügung stehen, um private Sitzungen mit dem/der MediatorIn und parteiinterne Besprechungen in Verhandlungspausen zu ermöglichen.
Ja! Online-Mediation ist aufgrund der Covid-Pandemie und der Verfügbarkeit von Videokonferenz-Plattformen, die private „break-out-rooms“ ermöglichen, alltäglich geworden. Es ist wichtig, dass die Parteien sich während der geplanten Sitzung(en) auf die Mediation konzentrieren und nicht durch andere Aufgaben abgelenkt werden.
Wenn die Parteien es wünschen, können sie von zwei oder mehr MediatorInnen in einer „Co-Mediation“ unterstützt werden. Co-Mediationen werden in der Regel empfohlen, wenn es sich um besonders komplexe Fälle handelt, wenn die Parteien eine(n) MediatorIn mit besonderen Sachkenntnissen wünschen oder wenn es sich um eine Mediation mit mehreren Parteien handelt.
Es ist nicht zwingend notwendig, dass ein Anwalt an der Mediation teilnimmt. Generell ist es empfehlenswert, dass in der Mediation die Fachverantwortlichen miteinander sprechen. Es gilt jedoch zu bedenken, dass der/die MediatorIn – selbst wenn er/sie ein(e) JuristIn ist – in der Mediation nicht als Rechtsberater fungiert. Daher kann es für eine Partei hilfreich sein, sich während des Mediationsverfahrens von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterstützen zu lassen. Ein Anwalt oder eine Anwältin, der/die mit dem Geschäft und der Branche des Unternehmens vertraut ist, kann auch bei der Suche nach kreativen Streitlösungen hilfreich sein.
Die Parteien können den zeitlichen Rahmen der Mediation selbst bestimmen. Mediationen gelten als schnelles und effizientes Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten, und eine Wirtschaftsmediation nimmt in der Regel ein oder zwei ganztägige Sitzungen in Anspruch. Dies hängt jedoch weitgehend von der Komplexität des Falles und den besonderen Interessen der Parteien ab. In manchen Fällen ist zwischen den Mediationstagen eine Pause erforderlich, damit die Parteien weitere Informationen sammeln oder die Durchführbarkeit möglicher Lösungen prüfen können.
Die Kosten einer Mediation umfassen das Honorar des/der MediatorIn, das in der Regel auf Stunden- oder Tagesbasis berechnet wird (einschliesslich der Zeit, die er/sie für die Organisation der Mediation mit den Parteien und die Prüfung der von den Parteien bereitgestellten Hintergrundmaterialien aufwendet), die Erstattung der dem/der MediatorIn entstandenen Kosten (z. B. für die Reise zum Ort der Mediation) und die Verwaltungsgebühr, wenn die Mediation von einer Institution (z.B. Swiss Arbitration Centre) verwaltet wird. Den Parteien können auch Kosten für die Unterstützung durch ihren Rechtsbeistand entstehen (z.B. für die Analyse der Erfolgsaussichten in einem Schieds- oder Gerichtsverfahren, wenn der Streit nicht beigelegt wird, und für die Unterstützung bei der Ausarbeitung der dem/der MediatorIn zur Verfügung gestellten Hintergrundmaterialien). In der Regel tragen die Parteien ihre eigenen Kosten (z.B. Anwaltshonorare) und teilen sich die Kosten der Mediation (Honorare und Auslagen des/der Mediators/MediatorIn sowie institutionelle Gebühren). Die Kostenfolgen werden von den Parteien und dem Mediator zu Beginn des Mediationsverfahrens vereinbart.
Die Mediation ist wesensbedingt freiwillig. Wenn also eine der Parteien zu irgendeinem Zeitpunkt der Mediation das Verfahren nicht mehr fortsetzen möchte, kann sie die Mediation jederzeit abbrechen.
Wenn im Rahmen der Mediation eine Einigung erzielt wird, sollte diese schriftlich festgehalten und von den bevollmächtigten Vertretern der Parteien unterzeichnet werden. Diese Vereinbarung stellt einen verbindlichen Vertrag dar, der wie jeder andere Vertrag durchsetzbar ist.
Findet die Mediation während eines laufenden Gerichtsverfahrens statt, können die Parteien die erzielte Einigung zu Protokoll geben, so dass sie ins Urteilsdispositiv aufgenommen und dadurch wie ein normales Urteil vollstreckbar wird. Wenn kein Gerichtsverfahren anhängig ist, kann ein Vergleich unter Umständen notariell beurkundet und damit in gleicher Weise wie ein Gerichtsurteil vollstreckbar werden. Ist bereits ein Schiedsverfahren hängig, können die Parteien beantragen, dass das Schiedsgericht den Vergleich in einen sogenannten “Consent Award” aufnimmt, der als Schiedsspruch vollstreckbar ist.
Wenn die Mediation nicht mit einer Vergleichsvereinbarung endet, können die Parteien ein Gerichts- oder Schiedsverfahren einleiten bzw. ein solches fortsetzen. Die Zeit und die Kosten, die für die Mediation aufgewendet wurden, sind in diesem Fall dennoch nicht vergeblich, da die Mediation in jedem Fall eine gute Vorbereitung auf das Gerichts-/Schiedsverfahren darstellt, weil sie den Parteien deren eigene Rechtsposition, einschliesslich möglicher Schwachstellen, bewusst macht.
Grundsätzlich können Mediationen auch ohne die Unterstützung von Institutionen durchgeführt werden. Die Parteien einigen sich in diesem Fall auf eine(n) MediatorIn. Diese(r) organisiert die Mediation und führt sie in Absprache mit den Parteien durch.
Mediationen, die durch eine Institution administriert werden, sind besonders dann hilfreich, wenn sich die Parteien nicht auf eine(n) MediatorIn einigen können. Jede Institution hat ihre eigenen Regeln, aber alle enthalten einen Ernennungsmechanismus für den Fall, dass sich die Parteien nicht auf eine(n) MediatorIn einigen können. Darüber hinaus bietet das Swiss Arbitration Centre (gegen eine Gebühr) eine Bescheinigung, dass eine Mediation stattgefunden hat, sowie eine Bescheinigung über die Echtheit der erzielten Vergleichsvereinbarung. Diese Bescheinigungen können hilfreich sein, wenn eine Partei nachweisen muss, dass sie an einer Mediation teilgenommen hat, bevor sie eine Klage einreicht, oder wenn die Vergleichsvereinbarung gerichtlich durchgesetzt werden muss.